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Neue Regelfahrverbote wegen Verstoß gegen das Zitiergebot nichtig

In der Präambel der 54. Änderungsverordnung – der „fahrradfreundlichen“ StVO-Reform – müssen alle dem Erlass der Verordnung zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen genannt werden, um dem Zitiergebot des Art. 80 Grundgesetz (GG) zu genügen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in anderem Zusammenhang in seiner Entscheidung vom 06.07.1999 (2 BvF 3/90) geurteilt, dass ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art 80 Abs. 1 S. 3 GG zur Nichtigkeit der Verordnung führt.

Vorliegend werden hier zwar u.a. § 26a Abs. 1 Nr. 1 (neue Verwarnungen) und Nr. 2 (neue Bußgelder) Straßenverkehrsgesetz (StVG) genannt, nicht jedoch § 26a Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO), was für eine wirksame Erweiterung der Regelfahrverbote durch § 4 Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) notwendig gewesen wäre. Daher liegt bei der aktuellen Änderung ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor.

Dies umfasst nur die nachfolgend aufgezählten Fahrverbotsregelungen des § 4 Abs.1 BKatV, so dass folgende neuen Regelfahrverbote nicht verhängt werden können:

  • Geschwindigkeitsübertretungen von 21 – 30 km/h innerorts
  • Geschwindigkeitsübertretungen von 26 – 40 km/h außerorts
  • Nichtbilden der Rettungsgasse als Grundtatbestand (also ohne Behinderung/Gefährdung)
  • Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte (alle Tatbestände)
  • Gefährliches Abbiegen

Damit wiederholt sich die Situation aus 2010, als in der „Schilderwaldnovelle“ eine Ermächtigungsgrundlage für neue Verkehrsschilder falsch zitiert wurde; der damalige Bundesverkehrsminister Ramsauer hatte in einer Pressekonferenz vom 13.04.2010 die Nichtigkeit erklärt und die Weitergeltung des alten Rechts deklariert.

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Auswirkungen auf die Praxis

Die Nichtigkeit der Neuregelung hat zur Folge, dass die oben genannten Taten weiterhin zwar mit den neuen Bußgeldsätzen, aber eben nicht mit einem Regelfahrverbot geahndet werden können. Die Beachtung des Zitiergebots ist eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung und nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift. Der Verstoß führt wegen des Verfassungsrangs des Zitiergebots automatisch zur Unwirksamkeit von Anfang an.

Die bedeutet für einschlägige Bußgeldverfahren:

Offene Verfahren vor Erlass eines Bußgeldbescheides

Die Bußgeldstellen müssen nach Kenntnis der Nichtigkeit die bisherigen Regelungen anwenden, die hier kein Regelfahrverbot vorsahen. Die Verfahren werden nicht eingestellt, sondern § 4 BKatV ist in der alten Fassung anzuwenden.

Noch nicht rechtskräftige Bußgeldverfahren

Ist bereits ein Bußgeldbescheid erlassen und ist die 14-tägige Einspruchsfrist noch nicht verstrichen, sollte umgehend Einspruch (gerne durch eines unserer Büros) eingelegt werden und eine Änderung der Rechtsfolgen verlangt werden.

Rechtskräftige Bußgeldverfahren

Ist ein Bußgeldbescheid mit einem der oben genannten Fahrverbot bereits rechtskräftig, das Fahrverbot aber noch nicht angetreten, ist Vollstreckungsaufschub bei der Bußgeldstelle unter dem Aspekt der nichtigen Regelung zu beantragen (gerne durch eines unserer Büros).

Fahrverbote in der Vollstreckung

Befindet sich der Führerschein bereits zur Vollstreckung des Fahrverbotes in amtlicher Verwahrung, ist im Gnadenverfahren die Aufhebung der Entscheidung unter Herausgabe des Führerscheins zu beantragen.

Es ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber hinsichtlich der oben genannten neuen Regelfahrverbote ein neues Gesetzgebungsverfahren unter erneuter Beteiligung des Bundesrates verfolgen wird. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie informieren.

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